Das M4 iPad Pro ist großartig, aber…

Die neuen iPad Pro sind extrem dünn und leistungsfähig mit Apples neuem M4 Chip (Bild-Quelle: Apple Newsroom)

Am Dienstag stellte Apple sein neues iPad Ensemble vor und die Reaktionen waren (vom Werbevideo abgesehen) wirklich positiv. Es gab ein paar Aspekte, die im Nachgang angemerkt, da sie von Apple verschwiegen, wurden. Die iPad Pro haben zum Beispiel keine Weitwinkelkamera mehr und die Leistungsfähigkeit des M4 Chips ist je nach Speichergröße des Gerätes unterschiedlich. Aber letztendlich hat Apple hier beeindruckende Geräte vorgestellt.

Dieser Post soll kein weiterer Spec-Read werden, in welchem jemand noch einmal alle technischen Details schreibt. Zum Einen kann man diese Infos am besten bei Apple selbst erfahren, zum Anderen gibt es genug Blogposts und YouTube-Videos, die Content daraus generieren. Was mich viel mehr interessiert, ist ein Video von Mrwhostheboss mit dem (momentanen) Titel “Why I spent $3600 on the iPad Pro M4”. In diesem Video erzählt Arun, der größte europäische Tech-YouTuber, wieso er sich das neue iPad Pro kauft und wieso er erwartet, dass dieses Gerät sein MacBook Pro ersetzen könnte. Und genau das ließ mich hellhörig werden.

Auch ich bin ein Technik-Nerd (wenn auch mit kleinerem Publikum) und romantisier(t)e die Vorstellung, nur noch vom iPad zu arbeiten. 2021 hatte ich exakt denselben Ausdruck im Gesicht, wie Arun in seinem YouTube-Video. Apple stellte in dem Jahr das M1 iPad Pro vor und es wirkte wie ein Versprechen, dass “Pro”-Arbeit auf dem Gerät möglich wird. Und ja, heute, 3 Jahre später gibt es Lightroom, Affinity Photo und Pixelmator, Final Cut Pro for iPad und DaVinci Resolve, Logic Pro und Ferrite, sowie diverse andere Apps für das Gerät, die es so aussehen lassen, als könnte man mit einem iPad alles erledigen, was man sonst auf einem MacBook macht.

Vermutlich ist das für die meisten Menschen sogar so. Kurze Reels für Instagram oder TikTok schneiden, macht am iPad mit Final Cut echt Spaß. Vom Browsen im Internet, Medienkonsum oder dem Verfassen von Texten, ganz abgesehen. Darin brilliert das iPad. Ein Freund und ich haben Folgen für unseren (leider eingeschlafenen) Podcast “Filmabend” vollständig am iPad aufgenommen und editiert. Und von Procreate und die damit verbunden Möglichkeiten für Kreative, möchte ich gar nicht erst anfangen. Doch es gibt ein aber

Ich erwarte von so einem Gerät, dass es das beste Tool für meine Arbeit ist und hier hakt es noch. Ich schneide beispielsweise lange Urlaubsvideos für meine Familie (welche mittlerweile nicht mehr auf YouTube landen, da meine kleine Tochter darin zu sehen ist), wie ein 45-minütiges Video über unsere vierwöchige Rundreise durch Thailand. Darin habe ich unsere Route auf einer Karte von Thailand animiert. Auf dem MacBook in Fusion (was Teil von DaVinci Resolve ist). Fusion ist in DaVinci Resolve auf dem iPad noch nicht unterstützt. Ja, es gibt Workarounds, mit welchen man alle Tabs bekommt. Aber Blackmagic selbst sagt, diese Funktionen sind noch nicht komplett unterstützt. Außerdem ist DaVinci Resolve auf dem iPad nicht wirklich für die Touch-Nutzung optimiert und dann sind selbst meine 12,9 Zoll am iPad Pro recht klein. Final Cut for iPad unterstützt hingegen nicht mal komplett eigene Maskierungen oder einfache Dinge, wie einen Speedramp.

Lightroom auf dem iPad ist die CC-Version und auch diese war (solange ich sie genutzt habe) nicht identisch zur Desktop-Version. LUTs zum Beispiel musste ich am MacBook hinzufügen, damit diese sich dann über die Adobe-Cloud aufs iPad synchronisieren. Auch hier sollte es Workarounds geben, ein auf dem Mac mit dem LUT bearbeitetes DNG auf dem iPad zu öffnen und dies dann als LUT zu speichern, aber selbst der Workaround bedingte einen Mac (oder halt PC).

Bei vielen Aufgaben stieß ich immer wieder auf so kleine Hürden. Nichts dramatisches und sicher hätte ich mit Recherche und Geduld meinen Workflow anpassen und für den “iPad-Weg” optimieren können. Aber das ist nicht, wie ich arbeiten möchte. Das Gerät soll mich bei meiner Arbeit unterstützen und ich möchte nicht meine Arbeit an das Gerät anpassen. Wenn ich einen Speedramp in meinem Video haben oder ein LUT in Lightroom nutzen möchte, dann brauche ich ein Gerät und Tool, dass dies einfach erledigt und leider war das iPad bisher nicht das Gerät. Und das ist schade, denn es könnte das Gerät sein. Es ist leistungsstark genug. Das war es mit dem M1 und ist es nun mit dem M4 nochmal deutlich mehr. Aber selbst heute sind die Apps auf dem Gerät oft nur das kleine Geschwisterchen der großen Mac-Version. Sogar bei Apple selbst - siehe Final Cut.

Dazu kommt nun noch, dass das iPad einen Mac nur ersetzen kann, wenn man eine anständige Tastatur nutzt, mit dem Magic Keyboard verlor ich aber die Portabilität. Ich könnte mir vorstellen, dass das neue M4 iPad Pro mit der neuen Version des Magic Keyboard sehr viel leichter ist und dadurch wieder an Mobilität gewinnt, aber mein 2021 iPad Pro in 12,9 Zoll war definitiv fast so schwer, wie ein 13 Zoll MacBook und dann stellt sich die Frage, wieso man nicht einfach ein solches MacBook nimmt?

Vielleicht muss ich mir auch einfach nur eingestehen, dass ich als 37jähriger Boomer nicht zu der Generation gehöre, die “iPad only” arbeiten kann. Ich bin mit “echten Rechnern” aufgewachsen. Das iPad ist toll, aber es ist auch das Gerät, auf das ich am ehesten verzichten könnte. Aktuell freue ich freue mich auf mein MacBook Pro mit M3 Max, welches gerade auf dem Weg zu mir ist. Und seit ich das weiß, habe ich das iPad von seinem Magic Keyboard befreit und in eine dünne Klapphülle gesteckt. Es wirkt wieder so viel schlanker und leichter, dass ich es schon jetzt wieder häufiger zur Hand nehme - halt nicht in der Erwartung, ein MacBook-Ersatz zu nehmen. Für mich ist das iPad am stärksten in einer Symbiose mit einem MacBook. Es ist ein Gerät zum Spaß haben und dabei ist es trotzdem schön zu wissen, dass ich 90 - 95 Prozent meiner Arbeiten nahtlos am iPad fortsetzen könnte. Und vielleicht könnte ich nun, da wieder ein MacBook Einzug hält, über einen Tausch gegen ein 11-Zoll-iPad nachdenken :D

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